ENSONIQ ASR-10 Synthblog
Wie klingt ein ENSONIQ ASR-10 Sampler ?
Und warum ist das eigentlich so interessant? Sampler? Kann jeder PC, Mac und mittlerweile jedes Handy. Trotzdem ist so oft vom ach so tollen ENSONIQ Sound und dem ASR-10 im Besonderen die Rede.
Geschichte
Der ASR-10 war mein erstes richtiges, professionelles, elektronisches Instrument, das ich 1993 in Magdeburg in der Gellertstraße bei Felix Sound kaufte. Ich hatte mir lange genug die Nase an der Schaufensterscheibe platt gedrückt und schliesslich den Leichtsinn aufgebracht, mir den Vorgänger, den EPS 16 plus vorführen zu lassen. So ganz die Magie eines Roland JD 800 wollte dabei nicht aufkommen. Den Roland hatte ich zuvor am Werder im Music Center Magdeburg angespielt und war verzaubert. Welch ein Klang !
Nun versprach ein ENSONIQ Sampler nicht weniger, als jeden real existierenden Synthesizer einfach aufnehmen und spielen zu können. Das plus eine eigene Synthese – Engine und Effekte vom Feinsten bot im Besonderen der damals neue Sampler von ENSONIQ, der ASR-10 in Perfektion. Meine Fantasie drehte praktisch durch und ich trug mein erstes hart verdientes Geld zu Felix Sound und damit auch zu ENSONIQ.
Warnung !
“…LOCATING…” – Wer einen ASR-10 von ENSONIQ im Auge hat, sollte sich dieses Wort merken. Es bedeutet soviel wie: “Mach Dir´n Kaffee, heirate und beantrage schon mal die Rente, bevor du wiederkommst, um erneut auf PLAY zu drücken, um Deinen Enkeln Deinen Song vorzuspielen.” Die Sojamilch im Kühlschrank wird sauer. Blumen verwelken. Fliegen fallen altersschwach von der Wand. Wahlen werden entschieden. Regierungen wechseln. Haare und Zähne fallen aus. Gesellschaftsformen kommen und gehen. Lebensformen sterben aus und werden neu entdeckt. Das muss nicht, kann aber passieren, wenn sich der ASR-10 im eigenen Speicher verläuft und man hypnotisiert von der grün fluoreszierenden Werkelmeldung den AUS-Schalter nicht findet.
Das sind die Segnungen der letzten Betriebssysteme von ENSONIQ, die es ermöglichen (mit etwas Glück innerhalb Deiner Lebensspanne) 2-spuriges Harddiskrecording mit dem Sequenzer des ASR-10 Sampler zu bewerkstelligen. Tolle Idee, damals ein möglicher Weg aber ganz ehrlich, lass es und werde glücklich, denn der ASR-10 bietet als reiner Sampler genug, mit dem man sich kreativ beschäftigen kann. Das HD-Recording macht Deine DAW schneller und besser. Den ASR macht HD Recording lahm und Dich krank. Übrigens halten einige das Betriebssystem 1.6 bereits für ausgereift. Da gab es eben nur kein HD Recording, dafür den ERROR 144 bei allzu eifrigem Gefummel im Sequenzer. Ein OS für den Spieler unter den Playern.
Kult !
Der ASR-10 ist mittlerweile Kult, lese ich. Dabei dachte ich, damals wäre fast jeder mit einem AKAI oder EMU am Samplen, würde dort auf höchstem Niveau seine benedeiten Ideen in High Quality bei präzisestem Timing in die Musikwelt schicken und ENSONIQ wäre der Notnagel der Armen. Obwohl, bis zu 31 Stimmen, interne Effekte, Resampling mit FX, Trans Wave, Loopstart-X, Crossfades, 8 Layer pro Sound, 2 -faches Multimode Filter u.s.w., die Kiste hatte Anziehungskraft. Ich kann mich gut erinnern, welche unendliche Schöpferkraft ich beim Lesen der Specs und beim Anschauen der Produktinfos diesem Maschinchen unterstellte. “Ungehörte Klänge, fantastische Räume, unüberschaubare Möglichkeiten…” Das ENSONIQ – Marketing hatte sich mächtig reingekniet, um den angehenden Elektromusikanten den Kaufpreis von ca. 5000,- Deutschmark vergessen zu lassen. Testberichte schwärmten von HiFi-Klang.
MUSIQUE
Damals, 1993 suchte ich ein Werkzeug, mit dem ich komplette Tracks machen kann, denn ich war jung, dynamisch, erfolglos, hatte also keine Chance und wollte eben diese nutzen.
Was mit dem ASR-10 alleine möglich ist kann man hier hören. Ich habe absichtlich auf die Erfahrung der letzten 25 Jahre verzichtet und einige meiner damaligen Aufzeichnungen aus der alten Festplatte geladen. Drücke ich auf PLAY, dann kommt das hier raus:
Aha, was fällt auf ?
Was auffällt ist, neben dem ungeordneten Frequenz- und Panorama-Schlammassel (das habe ich erst später gelernt), dass der ASR-10 ziemlich interessant klingt. Er hat Tiefe, Dimension und ja, Möglichkeiten im Klangdesign, die selbst heute spannend sind.
Was auch auffällt ist das Timing. Trotz Quantisierung aller Noten bei einigen der Playbacks (ja ich liebe Quantisierung und maschinelles Timing) wackelt es hie und da bedenklich. Das liegt auch schon mal am Schnitt der Attack Phase der Samples, also an etwas digitaler Stille vor Beginn des Tons. Gefühlt geht das aber ab der 9. gleichzeitig erklingenden Note auf Kosten des mässig arbeitswilligen Rechenknechtes im Inneren des Device. Und 9 Noten erklingen bereits, wenn ich einen 3 stimmigen Akkord mit einem Padsound anschlage, der 3 Layer hat. 23 (die maximale Stimmenzahl bei höchster Sample Qualität von 44.1 kHz) oder 31 (bei 30 kHz) gleichzeitig erklingende Töne sind mit Layersounds, also Klängen, die aus mehreren gleichzeitig erklingenden Tönen bestehen, schneller erreicht, als man erwartet. Und dann kann man das Timing ganz vergessen.
Das reicht für akustisch anmutende Tracks aber nicht für typische Maschinenmusik mit kerzengeraden Rhythmen, nach denen man die Uhr stellen kann.
Das war für mich damals ein herber Tiefschlag, und gerne hätte ich für den Rest meines irdischen Daseins am internen Sequenzer des ASR-10 festgehalten. Den konnte ich nämlich irgendwann im Kopfstand bei Seegang bedienen, doch so ging das natürlich nicht. Auf diesem Wege kam ich notgedrungen zu ATARI und CUBASE.
Timing Test
Ich will es genauer wissen und teste die Stimmenausgabe mit dem internen Sequenzer. Das ist nämlich die kürzeste Anbindung an Steuerbefehle, also schneller als MIDI von aussen. Mal sehen, bzw. hören. Der Sampler ist auf 44kHz eingestellt und erzeugt also maximal 23 Stimmen. Bei 30 kHz wird das Timing etwas besser, dafür verliert man einen Hauch an Glanz, weil die maximale Wiedergabe-Frequenz jetzt 15 kHz beträgt.
Tatsächlich, ab der 2. Stimme gibt es ein hörbares, variables Flanging. Das wird mit jeder zusätzlichen Stimme nicht besser. Bei Vollauslastung aller Stimmen höre ich eine Art Schrotschuss. Die Noten fallen auseinander. 24 und 31 Stimmen bei 30 kHz klingen auch irgendwie verzerrt.
Das macht dieses Instrument nicht völlig unbrauchbar, muss aber bei Produktionen einkalkuliert werden. Früher habe ich deshalb oft einzelne Noten oder Spuren priorisiert und dementsprechend zeitlich verschoben. Z.B. Drums zuerst, Pads zuletzt und alles weitere dazwischen.
Timing verbessern
So timimgfest klingt es übrigens, wenn man die MIDI-Spuren in die DAW überspielt und ein bisschen nachbearbeitet, also aufräumt. Dann spielt man diese Kanal für Kanal oder Track für Track vom Computer aus ab und nimmt dabei den Ausgang des Samplers als Audiospur auf.
Synthese
Der ASR-10 ist tief, sehr tief. Ein finsteres, endloses Loch an Möglichkeiten, in das eingesogen zu werden ein ausschweifendes Abenteuer werden kann. Jedoch, bevor man sich die Maus durch den Finger scrollt, wird das ein Thema für den nächsten Blogeintrag werden. Dabei wird es dann um den ASR-10 Synthesizer und seine Bestandteile gehen und was man damit alles anstellen kann. Klangbeispiele inbegriffen. Bis dahin…
LINKS
WAVeBOY – Effekte und Transwaves für den ASR-10
“Sterne” erschien 2013 auf CD.
“Gone, “Night Train” und “Only in Your Heart” sind 2010 auf CD erschienen.
“Zeitgefühl” erschien 2002 auf CD.
“What could I ever try” erschien 2001 auf CD.
ENSONIQ – ASR-10 – der Synthesizer im Sampler